«

»

Apr 20

Das Guild Wars 2 Prinzip

Es ist still geworden um das einstige Vorzeige-MMO von NCSoft im ersten Quartalsbericht des Jahres ist es im Gegensatz zu Wildstad zwar noch einzeln gelistet, muss ich aber erneut deutlich hinter Blade&Soul einreihen. Grund dafür ist sicher auch die spielerfreundliche Update-Strategie des Spiels. Das klingt erst einmal widersprüchlich, wird aber im Vergleich mit anderen MMOs deutlicher. Blizzard beispielsweise veröffentlicht Jahr ein Jahr aus große Add-ons zu recht gepfefferten Preisen. Deren Inhalt ist oftmals ziemlich umfangreich und selbst Spieler die dem Spiel den Rücken gekehrt haben, kehren Scharenweise zurück um sich neue Gebiete, Klassen, Raids und Mechaniken anzuschauen. Selbst wenn es sie nicht lange fesselt, sie kaufen das Add-on und unterstützen so die weitere Entwicklung des Spiels.

Arenanet hingegen steht sich bei Guild Wars 2 schon fast selbst im Wege. Grund hierfür ist die sogenannte „Lebendige Welt“ eine Update-Philosophie die das Spiel stetig in kleineren Story- und Gebietserweiterungen vergrößert. Diese Updates sind für Spieler die sich im Monat der Veröffentlichung einloggen kostenlos. Wer eine Episode verpasst hat, kann sie nachträglich über den Ingame-Shop freischalten. Die Auswirkungen auf das Spiel an sich, sind größtenteils marginal. Die Masse der Spieler scheint mit der Vielzahl der im Spiel gebotenen Möglichkeiten schon ausreichend beschäftigt. Gilt es doch die Welt komplett zu entdecken, Dungeons und Fraktale zu spielen, sich im Welt gegen Welt die Köpfe einzuschlagen oder sich direkt im kompetitiven sPvP zu messen. Guild Wars 2 bietet auch ohne diese Updates Spielinhalte für Monate oder gar Jahre. Und wenn das nicht ausreicht, greift man zum einzig veröffentlichten kostenpflichtigen Add-on Heart of Thorns und erhält Zugriff auf diverse weitere Inhalte.

Und genau diese positive Eigenschaft wird für Guild Wars 2 zum Problem. Es gibt kaum einen Zeitpunkt an dem es sich für Ehemalige lohnt zurückzukehren. Ich selbst habe lange und intensiv gespielt und, da Guild Wars 2 kein Abo-Modell besitzt, schaue ab und an vorbei um meine Horde von Charakteren kurz Gassi zu führen. Selbst mir als aufmerksamer Beobachter entgehen aber immer wieder Neuerungen und kleinere Erweiterungen. Wenn ich mir die Mühe mache, mir die Inhaltserweiterung seit Heart of Thorns im gut gepflegten Wiki des Spiels anzulesen, ist schon die Zusammenfassung eine Augenweide. So wurde der Raid der mit dem Add-on Heart of Thorn Einzug erhielt um zwei Flügel erweitert, die Nutzung der Gleiter in den Gebieten des ehemaligen Hauptspiels wurde ermöglicht, neue legendäre Waffen sind implementiert worden, neue Fraktale (Dungeons) und PvP Karten kamen hinzu. Und nicht zuletzt wurde die Weltkarte um vier neue Spielgebiete erweitert. Nicht so schlecht für kostenlosen Content oder?

Würde man diese Inhalte gesammelt in einem Update veröffentlichen, wäre ein Großteil der Stammspieler sicher bereit gewesen für diese Inhalte zu zahlen. Aber natürlich beschwert sich niemand über Gratisinhalte. Diese Strategie der „kleinen Brocken“ verhindert aber, ehemaligen Spielern die Gesamtheit der Änderungen vor Augen zu führen und das Medienecho ist, wer hätte es erwartet, geringer als bei großen kostenpflichtigen Add-ons. Auch potenziell neue Spieler lassen sich so natürlich viel schwieriger umwerben. Das zeigt sich auch in den Quartalszahlen. Guild Wars 2 hat verhältnismäßig gleichbleibende Zahlen über das letzte Dreivierteljahr.

 

ArenaNet war immer schon ein bemerkenswerter Entwickler. Kaum jemand hielt ein Buy2Play-MMO für realistisch finanzierbar oder glaubte gar an einen finanziellen Erfolg. Der erste Titel dieser ambitionierten ehemaligen Blizzard-Mitarbeiter bewies ab Mitte 2005 das Gegenteil. Schon im Jahre 2010 lagen die Verkaufszahlen bei über 7 Millionen Exemplaren. Und auch heute hat der erste Teil seine treuen Fans. Auch wenn viele den Nachfolger Guild Wars 2 nicht in der Tradition des ersten Teiles sehen, so hat auch der zweite Teil seine treue Fangemeinde. ArenaNet kann sich also eine Community-Pflege mit kleinen Inhaltserweiterungen erlauben. Geld generiert der Ingame-Shop über Kostüme, Farben und andere nicht spielentscheidende Angebote.

Es ist kein Geheimnis, das letzte große Add-on war wohl nicht so erfolgreich wie erhofft. Die nächste große Erweiterung wurde zwar bereits im Januar 2016 am Rande in einem Blogpost der Entwickler erwähnt, doch jegliches Lebenszeichen blieb seither aus. Einzig ein angeblicher Screenshot wurde geleakt, inhaltlich scheint dieser mit der Kristallwüste sogar ein glaubwürdiges Szenario zu bieten. Diverse weitere kleine Hinweise wie etwa kleinste Veränderungen der Weltkarte unterstützen die Vermutungen, Offizielles gibt es jedoch nicht.

Bleibt letztlich die Frage ob ein Entwickler sich heutzutage den Luxus leisten kann, nur Bestandskundenpflege zu betreiben und die Kommunikation über mögliche zukünftige Inhalte auf ein Minimum zu reduzieren. Die Community ist gespalten, viele wünschen sich mehr Informationen zu einer Inhaltserweiterung, auch um die Bestandsspieler weiterhin im Spiel zu halten. Aber auch mahnende Stimmen, die sich an allzu optimistische Versprechungen Arenanets vor Heart of Thorns erinnern, werden laut. Allen wird man es, wie so oft, wohl nicht recht machen können.

In meinen Augen sollte Arenanet einen Mittelweg finden, sowohl in der Kommunikation als auch in der Inhaltsvermarktung. Ein kleiner Hypetrain würde dem etwas angestaubten Spiel derzeit sicher nicht schaden, ist Heart of Thorns nun bereits seit Ende Oktober 2015 auf den Servern. Und auch wenn ich den fast familiären „Guild Chat“ der Entwickler auf Twitch immer wieder gern seh, ein wenig mehr Zukunftsaussichten würden mich freuen. Allein schon, weil nach einer Add-on Ankündigung sicher noch viel Zeit ins Land ziehen wird, bis wir diese Inhalte auf dem Server sehen werden.