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Jul 28

Oh wie schön ist Panama!

Hab ich mich eigentlich in letzter Zeit mal über die Mountologie aufgeregt? Nicht? Na dann wird es aber Zeit. Es ist nämlich mal wieder so weit. Kaum sind die Betaphasen des kommenden MMO-Highlights Guild Wars 2 vorbei, springen massenweise clearasilsüchtige Hobbyreiter in die Foren.

Ihnen geht es um Reittiere. Wer nun denkt da hätten sich 12-jährige Fans des Spiels „Pferd & Pony – Flockis frecher Spielestall“ im Forum vertan, der irrt leider gewaltig. Nein es sind teilweise sogar die alten Hasen der „Szene“. So hofft man zumindest. Denn nur so ließe sich annähernd erklären, warum die Herren des Laufens nicht mächtig sind.

 

Es mag ja viele gute Gründe für Reittiere geben, aber warum sie für so viele Spieler Wichtigkeit haben, mag sich mir nicht erklären. Kaum ein Forum in welchem nicht schon zur Beta der aussagekräftige Thementitel „Mounts?!“ zu finden ist.

 

Klar, möglichst schnell von einem Ort zum nächsten zu kommen, ist in der heutigen Leistungsgesellschaft von enormer Bedeutung. Ich gehe davon aus, ein Großteil der Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel würde ohne mit der Wimper zu zucken auch in einen Helikopter wechseln, würde man es anbieten.

 

Zumindest in Berlin ist das auch nachvollziehbar, Döner mit Knoblauchsoße bei gefühlten 35°C im U-Bahnabteil und das um 7:23 Uhr morgens ist keine Seltenheit. meist ist man sogar dankbar um Restalkohol und fehlendes Deo der Mitreisenden sowie den säuerlichen Duft von altem Erbrochenem nicht ertragen zu müssen. Gleich mal auf der Senatsseite nach nem Forum suchen… „Mounts?!“

Gut, doch schlägt sich diese Mentalität der Leistungsgesellschaft nun auch in unseren Freizeitaktivitäten nieder. Das Thema der „Core Community“, wie die Hardcore-Zocker heute liebevoll von der Industrie genannt werden, lasse ich erst einmal außen vor. Es gibt immer jemanden der „Erster“ schreien möchte, egal wie unpassend. Fragt mal Frauen, die könnten euch sicher interessante Geschichten erzählen…

 

Es geht also darum in einer digitalen Welt von A nach B zu gelangen und das in möglichst kurzer Zeit. Nicht gerade der Traum eines jeden Entwicklers, lässt sich so doch die Spielwelt schneller ergründen und Spielinhalte werden verkürzt.

 

Sicher gibt es auch Negativbeispiele, man mag sich an das gute alte Morrowind erinnern. Wollte man von einer in die nächste Stadt laufen, konnte man seinen Sommerurlaub nebenher Planen, die Hausaufgaben für die nächsten zwei Wochen erledigen, einen Baum pflanzen, ein Haus bauen und, wenn die Freundin nicht zu kritisch gegenüber blinkenden Bildern auf dem Monitor war, auch noch einen Sohn zeugen.

 

Doch schon in diesem Klassiker aus dem Jahre 2002 gab es bereits Schnellreisen und Teleportzauber. Und wer hätte es gedacht, mit der von Spielern entwickelten „Pegas Horse Ranch“-Modifikation gab es auch hier ein, na ja sagen wir mal Reisesystem.

 

Vielen Entwicklern erkannten die Problematik und führten Reisesysteme ein. Denn natürlich ist für viele Spieler nicht das gemütliche Reisen per Pedes die Hauptfaszination, sondern trübt das Spielempfinden. Auch wenn ich in „Herr der Ringe online“ eine Gruppe von Spielern traf, deren selbstgesetztes Ziel die Erwanderung der Spielwelt im Schleichschritt war. Eine lustige Gruppe Hobbits.

 

Nicht immer sind diese Systeme leicht zugänglich. Giga TV (ja nicht gerad die Überväter des Spielverständnisses) beschwerte sich beispielsweise beim Livetest über die Größe der Maps des Ego-Taktik-Shooters „Tribes 2“. Gerne hätte man ihnen: „LINKE MAUS! Du verfluchter B00n!“ zugebrüllt, denn dann hätte er das Jetpack, eines der zentralen Spielelemente des Spiels, entdecken können. Gaga TV hat es ja dann auch nicht in die Ruhmeshalle der modernen Fernsehunterhaltung geschafft.

 

Wie dem auch sei. Guild Wars 2 wird KEINE Reittiere beinhalten. Zumindest nicht bei Release und man kann nur hoffen, dass es in einem PvP-orientierten Spiel auch weiterhin so bleiben wird.

Ich hatte anfangs selbst Bedenken, ob die Welt von GW2 nicht zu umfangreich ist um sie zu „erlaufen“. Aber ich wurde eines besseren belehrt.

 

Erstens ist in Guild Wars 2 der Weg das Ziel, denn auf dem Maximallevel der Spielfigur wird der Fokus deutlich eher auf die PvP Inhalte ausgelegt sein und außer eigener Eitelkeitsbefriedigung wird es kaum erstrebenswerte Belohnungen geben. (Was ich persönlich sehr angenehm finde. Nichts ist unangenehmer als sich Ewigkeiten durch schlechtes PvP quälen zu müssen um sinnvolle Items für die PvE-Inhalte zu erhalten)

 

Und Zweitens gibt es in GW2 an jeder Ecke Portale oder Sofortreisepunkte welche sich nutzen lassen um in entfernte oder auch nahliegende Gebiete zu reisen. Vergleichbar ist der Ruf nach Mounts also mit folgender Situation:

 

Es ist Freitagabend, ich sitze vor dem Rechner und schlage mich durch Gegnerhorden. Nicht gerad der ideale Moment um von besorgten Familienmitgliedern einen Anruf entgegen zu nehmen, in welchem man genötigt wird über die Verschlossenheit des hauseigenen Fahrradkellers zu philosophieren.

 

Schwiegermonster: „Ach geh doch eben mal runter und schau nach…“

 

Ich: „Klar ich schau nachher ma..“

 

Schwiegermonster: „Mir wäre wohler wenn du jetzt eben mal kurz…“

 

Ich:“Bin auf dem Weg, ich ruf dich glei…“ (So nicht ich kämpf erst fertig!)

 

Schwiegermonster: „Ne schon ok ich bleib dran, hab ja dank deiner Empfehlung so eine von den modernen Telefon-Flatrate!“

 

Ich: „…“

 

The mighty Seniorenbildungspaket strikes back!

 

Somit wären die Rahmenbedingungen klar. Ich muss also 3 Etagen runter, in den Hof, eine weitere Treppe hinunter, mir den Kopf an der viel zu niedrigen Kellerdecke stoßend schauen, ob denn der Fahrradkeller ordnungsgemäß verschlossen ist.

 

Um zu verdeutlichen was ich meine, darf Gott mal eben Gamedesigner werden und mir drei mögliche Auswege liefern.

 

Nummer 1:

Ich laufe wie üblich, nehme dabei gleich noch die Tüte altes Katzenstreu, welches per Definition bereits unangenehme Gerüche absondert, mit nach unten.

 

Vorteil: ich kann gleich mal die überfällige Post aus dem Briefkasten mitnehmen und mit etwas Glück treff ich die süße Maus aus der zweiten Etage…

 

Nachteil: Ich muss LAUFEN und mir vorher noch eine Frisur Zimmern… (Ihr habt das mit der süßen Maus aus der zweiten Etage gelesen oder?)

 

Nummer 2:

Ich drücke meine Realwelt-Map-Taste und wähle die Sofortreise zum Standort „Fahradkeller“.

 

Vorteil: Ich verkürze den Zeitaufwand und nebenbei auch die nötige Gesprächszeit mit „Schwiegermonster“ auf ein Minimum. („halb so wild, hab doch dieses falt-dingens)

 

Nachteil: Wenn ich wieder auf den Wegpunkt „Wohnung“ klicke, riecht es verdächtig nach Katze. Ist mir vorher gar nicht aufgefallen. Das Thema Post wird auf Montag verschoben und die süße aus dem zweiten ist sicher eh mit ihrem metrosexuellen Freund auf ner fragwürdigen 80er Jahre Party.

 

(Anmerkung der Redaktion: Leute, die 80er waren SCHEIßE! Glaubt mir, ich war dabei.)

 

Nummer 3:

In meinem Zimmer materialisiert sich ein rosafarbener Königstiger mit Sattel auf dem Rücken.

 

Vorteil: Ich hab meinen Freunden echt was zu erzählen, aber nach dem 200ten mal interessiert auch die das nicht die Bohne. Kein Problem mehr mit meiner Katze!

 

Nachteil: Kein Problem mehr mit meiner Katze, der Tiger hat sie gefressen. Probleme mit dem Katzenklo… Meine Katze kam aus dem Tiger wieder raus… und auch Rosa riecht nicht immer nach Erdbeere. Als ich die Treppe hinunterreite, verliere ich erst mein Handy, dann den Halt und die Tüte mit dem Katzenstr… ehm Tigerstreu platzt auf und trifft natürlich die süße aus der zweiten Etage. Alle Versuche ihr zu die Situation zu erklären, breche ich ab… sie schaut eh ziemlich böse auf meine Frisur, die aussieht wie der Tiger um die Eier. Niemand, wirklich NIEMAND denkt daran sich die Haare zu machen wenn er auf den Rücken eines Tigers steigt.

 

An Post ist nach erneutem Aufsteigen eh nicht mehr zu denken, allerdings wünschte ich mir einen Briefträger… Tigerlie hat sicher noch Hunger nach der kleinen Katzenvorspeise. Stattdessen stoße ich mir aber lieber so RICHTIG doll den Kopf am Eingang zur Kellertreppe. Warum hat niemand an Tigerreiter gedacht, als er mein Wohnhaus entwarf… alles Dilettanten!

 

Jo, Fahrrad-Keller ist zu! Kann mir aber auch egal sein, ich hab nen rosa Tiger!

 

Fazit: Ich glaub ich lauf zu Fuß! Spätestens wenn die Anfangsfreude über den rosa Tiger vorbei ist, ist es kein Unterschied mehr. Einzig die Größe und Vielfältigkeit der umgebenden Welt entscheidet, ob ich wirklich ein Mount brauche. Natürlich sieht die Sache anders aus wenn mein Fahrrad-Keller in Panama wäre, jeder weiß: Nach Panama darf man nur mit Tiger!

 

Es grüßt der Erzkanzler von seinem rosa Tiger!