Der zweite Teil meiner Blade&Soul-Erfahrung gestaltet sich, wie der Titel bereits erahnen lässt, ein wenig anders als erwartet. Auch wenn ich ja im ersten Teil bereits andeutete, dass B&S auf den zweiten Blick ein anderes Gesicht zeigen könnte. Beginnen wir aber da wo wir aufgehört haben.
Durch die bunte aber stimmige Welt von Blade&Soul hüpfend, kann ich es mir ja nicht nehmen lassen mich in Foren und Guides zu informieren. Das ist auch nötig, denn das System zur Ausrüstungsverbesserung ist der Beweis, dass Genie und Wahnsinn sehr nah beieinanderliegen können. Die Grundidee ist, euer Equipment „wächst“ mit. Kennt man aus z.B. Herr der Ringe online und ist eine nette Idee die Bindung zur Ausrüstung herzustellen. Legendäre digitale Gegenstände wachsen einem ans verkrustete Gamerherz, hat man doch Blut und Schweiß bzw. Zeit und Ingame-Währung in sie investiert.
Bei Blade&Soul hat man jedoch für das Levelsystem der Ausrüstung 14 grenzdebile Relativitätsforscher unter stark halluzinogene Substanzen gesetzt um sie auf halber Strecke mit Amphetaminen aus Weltkriegsbeständen zu noch kreativeren Systemen zu motivieren.
Ungelogen… Im ersten Moment denkt man noch „Hey toll, ich kann Trash-Loot an meine Waffe verfüttern“.
Im zweiten Moment denkt man… ok und jetzt brauch ich eine Waffe die ich mit Glück bei einem Glücksrad bekommen für welches ich die Tickets bekommen indem ich einen Weltboss umhaue… Jo klar logische Konsequenz oder?
Und damit es nicht langweilig wird, ändert sich diese Mechanik natürlich umgehend. Denn im nächsten Schritt muss ich in eine Gruppeninstanz um den Endboss zu verhauen um eine Loot-Box zu bekommen in welcher mit Glück jene Waffe drin ist die ich benötige. Zum Öffnen der Kiste kann man unterschiedliche Schlüssel verwenden, jene aus dem Cash-Shop… wer hätte es gedacht, geben mir meine gesuchte Waffe garantiert.
Aber halt, wir bieten Ihnen nicht nur zwei Messerblöcke… ehm System nein wir legen noch eins kostenlos drauf. Braucht man zum Aufwerten doch natürlich noch weitere Crafing-Zutaten die sich je nach Level ändern! Welch ein leicht erfassbares und zugängliches System. Aber wo bleibt da der Anspruch?
Auch kein Problem, wir sind noch nicht am Ende der kunterbunten Wundertüte… (Pillen in die Luft schmeiß). Ein Händler NEBEN einem Glücksrad verkauft die nächste Waffe die zur Aufwertung benötigt wird. Als Bezahlung hätte er gerne Belohnungen für tägliche Quests.
ALTER, sach ma was zur HÖLLE ist bei euch im Trinkwasser?
Ich finde es ja schön wenn jedes Individuum die Möglichkeit bekommt sich auszuleben. Ja, gern auch in der Entwickung von Computerspielen… Aber an welchem Punkt der Entwicklung wurde aus „Jeder Mitarbeiter darf eine Blume in der Welt gestalten!“ die Idee „Jeder darf sich ein Aufwertungssystem für Waffen ausdenken!“?
Nun mag man denken, der Erzi möge sich halt mit dem Spiel beschäftigen, muss doch nicht alles immer auf dem Silbertablett serviert werden. Doch der Erzi hat sich natürlich im Netz schlau gemacht, es gibt zu dem Thema natürlich Guides. Hier lernt man dann auch schnell, es gibt mehrere Aufwertungspfade für welche, wer hätte es erwartet, man unterschiedliche Aufwertungsgegenstände benötigt… WHAT?
Man beachte die Laufzeiten dieser beiden Videos….schlappe 56 Minuten und 26 Sekunden…
Spätestens an diesem Punkt öffnet man sich doch die Schlagadern an beiden Armen und träufelt mit Salz versetzte Essigessenz in die geöffneten Wunden. Spaßiger als dieses Aufwertungssystem ist es allemal. Von meinen (rein digitalen) suizidalen Tendenzen werde ich aber dann doch noch gerettet, erzählt man mir doch im Chat das es das System der unterschiedlichen Pfade nur übergangsweise zwischen diversen Patches gab. Na super… und ich such mir nen Wolf wie denn welche Pfade wie wo und warum ist das in meinem Spiel anders als im Guide?
Nachdem ich diesen Schock verdaut habe, gewöhne ich mich an das System… im Rahmen der Möglichkeiten. Denn kommen wir zurück zu Glücksrädern und Verkäufern neben Glücksrädern. In den jeweiligen Level-Regionen gibt es Glücksräder. Dankenswerterweise hat uns der einzig klardenkende Entwickler den Weltboss, der die entsprechenden Tickets fallen lässt, in Sichtweite anbei gestellt. Suuuuuuper Idee. Jetzt gibt es aber Glücksräder die nicht mit Weltboss-Tickets sondern mit den Belohnungen der täglich wiederholbaren Quest nutzbar sind. An diesem Punkt hat sich mein Logikverständnis schon lang ein Flugticket nach Papua-Neuguinea gekauft, sitzt am Fuße des Moint Wilhelm und wartet auf den unweigerlichen Hungertod.
Doch der Entwickler will ja nur unser Bestes… deswegen kann man die täglichen Questbelohnungen aus niedrigeren Levelgebieten mit dem Glücksrad in höheren Levelgebieten zu höheren täglichen Questbelohnungen aufwerten. Zumindest mit etwas Glück… is ja nen Glücksrad ne?! Hat man kein Glück, bekommt man einen Zettel, hat man 5 dieser Zettel kann man damit wieder niedriglevelige tägliche Questbelohnungen kaufen um diese dann am Glücksrad…. SACH MA WOLLT IHR MICH JETZT ECHT….
Doch dann ist es geschafft, ich habe all meine täglichen Questbelohnungen auf mein aktuelles Levelgebiet-Glücksrad-Level gebracht… Konfetti! Und natürlich ist das der perfekte Zeitpunkt zu merken, dass ich für das nächste Level meiner Waffe 25 Questbelohnungen der vorhergegangenen Stufe benötige….
Wo ist Wäschebleiche, wenn man so richtig Lust auf einen üppigen Schluck hat?!
Ich spiele nun seit über 20 Jahren MMOs. Und ja auch asiatische MMOs. Aber was Blade&Soul hier in den Mittelpunkt des Spieles setzt (denn Blade&Soul ist extrem Gear-abhängig) ist schon fast eine Frechheit. Natürlich, als Späteinsteiger in das Spiel habe ich Evolutionsschritte verpasst und ja ich neige dazu nicht jeden Text eines Spieles lesen zu wollen. Aber das Aufrüstungssystem von Blade&Soul ist der spielbare Teil einer Excel-Tabelle deren einzelne Felder durch relativistische Wahrscheinlichkeitsformeln miteinander verbunden worden sind. Etwas so Unbefriedigendes habe ich nicht mehr erlebt, seit mir ein Schulfreund damals erzählte dass man durch das Rauchen von getrockneten Bananenschalenfäden high werden könne….
Dabei ist Blade&Soul an anderen Stellen sehr gelungen. Das Kampfsystem ist erfrischend, die Geschichte ist schön inszeniert, grafisch muss sich das Spiel nicht verstecken und die Charaktäre sind wirklich, wirklich schön anzuschauen, auch Gleiten, Wände senkrecht hochrennen und weite Sprünge sind gut umgesetzte Spielelemente. So gut umgesetzt, dass ich derzeit meinen Charakter auf Level 47 in die Ecke gestellt habe um die Levelphase noch einmal mit einer anderen Klasse erleben zu dürfen.
Letztendlich ist Blade&Soul verdammt unterhaltsam, für ein „kostenloses“ Spiel sogar extrem unterhaltsam. Und ich habe meine Zeit genossen. Eine neue Heimat werde ich in diesem Spiel aber nicht finden. Zu wirr ist das System der Aufwertung, zu sehr ist B&S Gear-fokussiert. Zu instanziiert ist die Welt und zu diktatorisch ist der Zwang, sich im Endgame wieder und wieder durch die ewig gleichen Instanzen jagen zu lassen. Mit einer entspannten Gilde mit welcher man in dieses Spiel reingewachsen ist, mag das alles anders aussehen, doch als Neueinsteiger bleibt Blade&Soul nur eine erfrischende Überbrückung zum nächsten Titel.
Ach, habe ich erwähnt, dass man auch Ketten, Ringe und Ohrringe aufwerten kann? Nicht? Vielleicht auch besser so…
Auf der Suche nach der Logik verabschiedet sich
Der Erzkanzler
Letzte Worte