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Mai 08

Evil Terence Hill

Oder „The dark return of Shadowkevin!“ Es wird Zeit, sich der Klasse der Diebe und Schurken zu widmen. Kaum ein MMO – Forum, in dem nicht über Diebe und Schurken gewettert wird. Verwunderlich hierbei, daß es in fast jedem MMO genau diese Klasse immer wieder gibt. Schuld daran ist Shadowkevin. Gut, ich gestehe, das ist generalisiert. Sei es wie es sei.

 

Kennt Ihr noch die Nobody-Filme? Terence Hill als unbesiegbarer Westernheld? Schneller als jeder Bösewicht, jedem Schlag ausweichend? Ihr ahnt vielleicht schon, auf was ich hinaus möchte. Diebe sind der Terence Hill des MMO´s. Terence Hill war immer cool, niemand wäre jemals auf die Idee gekommen, für die Bösewichte zu schwärmen. Und genau hier liegt der Hund begraben. Niemand hat darüber nachgedacht, wie sich wohl die Bösewichte gefühlt haben könnten, als sie zum fünften Mal in die Luft schlugen.

 

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In Onlinerollenspielen kommt es aber genau zu dieser Situation, wenn man selber keinen Dieb spielt und in Kampfsituationen auf einen MMO – Terence Hill trifft. Irgendwann kommt man sich einfach ziemlich dämlich vor, wenn man mit der klassischen Bud Spencer-Faust wieder mal in die Luft geschlagen hat. Daß die Foren entsprechender Spiele voller Haßtiraden wider die Diebe sind – das verwundert nicht.

 

Schurken und Diebe haben ein grundlegendes Imageproblem. Dies liegt in der Natur der Sache, Wikipedia klärt auf: „Diebstahl ist eine gegen fremdes Eigentum gerichtete Straftat“. Deutlicher wird es hier: „Der Begriff Schurke bezeichnet im Allgemeinen eine gemeine oder böse Person“. Das man mit diesem Ruf vielleicht nicht auf allzu viel Gegenliebe stoßen wird, ist mehr als nachvollziehbar.

 

Als ich 15 Jahre alt war, waren die Sith in Star Wars in meinem Weltbild natürlich „waaaayyyy cooler“ als die dummen Jedi – Blumenpflücker. Auch Ninja – ihres Zeichens bezahlte skrupellose Killer – waren ziemlich hoch im Kurs. Und weil Entwickler ungern Zielgruppen ausschließen, muss in einem MMO neben dem obligatorischen Totenbeschwörer/Necromanten auch noch ein böser verschlagener Dieb spielbar sein.

 

Die Mechanik der Klasse ist schnell erklärt. Sei schnell wie Terence Hill und fang dir keine von Bud Spencer ein, sonst gehst du zu Boden. Damit das auch so funktioniert, neigen Entwickler dazu, Diebe mit sogenanntem „Burst-Schaden“ und „Squishiness“ auszustatten (Nur so am Rande, es zeigt sich erneut wieder: die englische Sprache klingt oftmals einfach besser… würdet ihr eine Klasse spielen wollen, deren Hauptattribut „Schwammigkeit“ ist?). Daß daraus Frust entstehen kann ist folgerichtig.

 

Italo – Westernstyle entsteht, wenn solch ein Dieb dann einen Mesmer trifft… in diesem Falle MICH! Friedlich durchs WvW tapsend und Blümchen pflückend erfreue ich mich der anregenden Umgebung. Doch wie aus heiterem Himmel beschließt „b4ckst4b-dschango“ (Shadowkevin hat nun auch einen Dieb) mich zu bespringen wie ein wildgewordener Rauhaardackel auf Koks. Das kann ganz schön unangenehm sein, sag ich euch. Aber… mein Mesmer ist haltbarer als Dschango hoffen konnte. Kurze Rolle, und ein bis zwei Tasten gedrückt, stehen drei Klone meines Mesmers in der Welt und starren den schnaubenden Rauhaardackel an. Wenn der Dieb jetzt zufällig nicht zu den begabtesten gehört, und meiner Erfahrung nach sind viele nicht gerade der hellste Stern am Himmel, kann ich beruhigt zuschauen, wie der Dackel nach und nach von einem Klon zum anderen springt.

Ungelogen – das Spiel hab ich teilweise schon über fünf Minuten gespielt. Irgendwann haben wir beide aufgegeben.

 

So einfach ist das natürlich nicht immer. Mit meinem auf Crit. geskillten Waldi sieht das leider etwas trauriger aus. Aber mal Butter bei die Fische – jede Klasse in Guild Wars 2 hat eine Konterklasse, der Waldi ist es beim Dieb eben einfach mal nicht. Es sei denn, man spielt den Waldi auf Condition-Trap-Nahkampf (witzige Sache nur so am Rande, was ich da Diebe habe kotzen sehen). Das Problem, das sich nun in der Community zeigt, sind häufig gut gepflegte Vorurteile.

 

Diebe machen erstens so viel Schaden mit einem Hit wie alle anderen Klassen zusammen. Zweitens machen sie sich über Stunden unsichtbar und heilen sich in Hundertstelsekundenbruchteilen wieder um 100%. Gern frage ich bei entsprechenden Themen dann, warum denn dann nicht alle Spieler Diebe spielen würden. Die Antwort kommt natürlich flugs: „Ich hab ja einen und der ist echt so OP (overpowered)“! Dafür ist die digitale Welt allerdings noch ziemlich bunt und nicht jeder scheint dieses gut behütete Geheimnis ergründet zu haben.

 

Man mag es mir übel nehmen, aber ich stelle mal folgende These auf: ein Großteil der Haßprediger hat sich vielleicht einfach zu wenig mit seiner Klasse, bzw. der Klasse des Diebes auseinandergesetzt. Oder, er hat es getan und ignoriert die gewonnenen Erkenntnisse. Natürlich: der Dieb ist kein leichter Gegner, aber man kann seinen Spielstil daraufhin ausrichten, seinen Build entsprechend anpassen und daraufhin trainieren, mit Dieben umzugehen. Es ist natürlich erheblich leichter, weiterhin als Waldi-Glaskanone mit 15k Leben rumzurennen und im Forum sein Leid zu klagen.

 

Um mich hier mal zu outen: ich habe eine Diebin auf Level 80 und bin schlichtweg zu… unbegabt. Ich liege durchgehend im Dreck, bekomme keinen Gegner mit einem Schlag down, schaffe es nie im Tarn wegzulaufen und glänze als Movement-Günter, sobald es darum geht, hinter den Gegner zu laufen.

 

Aber all meine Erklärungsversuche werden nichts daran ändern – der Dieb bleibt das Haßobjekt der Community, denn wie üblich merkt sich niemand die vielen schlecht gespielten Diebe, die im WvW gefrühstückt werden, nur die gut gespielten, die einem Ärger machen. Jene bleiben im Gedächtnis verhaftet, bis man mal wieder die Nase voll hat und sich im hierüber Forum auskotzt.

 

Wenn ihr das nächste Mal von einem Dieb angesprungen werdet, denkt einfach mal an Terence Hill und Bud Spencer. Dann liegt ihr wenigstens mit einem Lächeln im Dreck! Ich persönlich konnte Bud Spencer nie leiden, vielleicht mit ein Grund, warum mir die Hammerkrieger viel mehr auf die Nerven gehen als wild gewordene Dackel.

 

In diesem Sinne,

euer Erzkanzler