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Sep 16

Opimus Heim – Hardware „EXTREME“

Enthusiastische Hardware…

Ich gestehe, mein Rechner ist zu schnell. Mein Selbstbetrug, mir einzureden ich brächte meinen Rechner für die Arbeit… wäre glaubwürdiger, hätte ich in den letzten drei Jahren auch nur einmal wirklich zuhause gearbeitet. Das ich meine MMOs gerne auf einem großen Monitor spiele und mich wie ein Kleinkind freue die Grafikeinstellungen am Anschlag zu sehen, rechtfertigt die Ausgaben für den PC eigentlich auch nicht. MMOs sind selten extrem hardwarehungrig.

 

Um Leistung soll es aber in dieser Ausgabe meines Blogs auch gar nicht gehen, die Sinnhaftigkeits-Debatte führe ich jedes Mal mit meinem Konto. Es will bei Leibe nicht verstehen, dass ich die 20 GB Arbeitsspeicher WIRKLICH brauche…

 

Diesmal geht es mir um „Gaming Hardware“. Ein Begriff der in diversen Abwandlungen gerne von Marketingmaden benutzt wird, um teure Hardware noch teurer zu verkaufen. Am deutlichsten wird dieser Trend der übertriebenen Namensgebung wohl bei Grafikkarten. Inno3D bewirbt seine GTX 980 beispielsweise mit dem etwas sperrigen Zusatz „iChill X3 Air Boss Ultra“, schon beim klein „i“ zucke ich unweigerlich zusammen. Zotac hingegen ist fast schon zurückhaltend mit „AMP! Extreme Edition“, Hersteller EVGA hingegen bietet sogar noch etwas Informationsgehalt, weist doch der Zusatz „Superclocked+ ACX 2.0+“ zumindest darauf hin, dass hier Taktraten erhöht wurden. Nun mag der geneigte Leser einwerfen, dies wäre im hochpreisigen Segment doch üblich. Aber nein.. begeben wir uns in den professionellen Workstation-Bereich, nennen sich die Karten plötzlich nur noch verschämt „Quadro K6000“ oder „FirePro W9100“ und diese Karten sind wirklich teuer.

 

Gaming ist „in der Mitte der Gesellschaft angekommen“ lese ich in letzter Zeit immer häufiger. Das Bild, welches in den Köpfen der Marketingpudel vorherrscht, hat sich jedoch nicht geändert. Der typische Zocker MUSS doch einfach 16 Jahre alt sein, keine Freunde im realen Leben sein Eigen nennen und alles was er sich wünscht, ist ein VW-Golf der aussieht als wäre er 1 zu 1 aus Need 4 Speed entsprungen. Auf eben dieses Klischee wird die Werbekampagne aufgebaut.

 

Zugegeben, es sollte mir unwichtig sein, was auf der Packung meiner Grafikkarte steht, ich sehe sie eh nur 2x. Das erste mal wenn ich die Karte aus der Packung in meinen Rechner befördere, und dann noch einmal wenn ich die Packung 4 Jahre später wutentbrannt in den Mülleimer werfe und mich frage, warum ich diesen alten Plunder damals nicht gleich wegwarf. Doch wie häufig in meinem Blog, kommt nun das große ABER…

 

OMH

 

Warum zur HÖLLE muss Gaming-Hardware IMMER aussehen als wären sie von Optimus Prime auf Cybertron hergestellt worden? Und dabei geht es mir nicht nur um Grafikkarten, denn diese kann ich getrost in meinem schlichten Lian-Li-Tower hinter einer undurchsichtigen Alu-Seitenwand verstecken. Sondern es geht mir um Tastaturen, Mäuse und in letzter Zeit auch immer häufiger um Monitore. Der G243HQ von Acer beispielsweise hatte seinerzeit solide Technik… aber weil es ein „GAMING“-Monitor war… MUSSTE er orange sein! Und dieser Trend hatte damals erst begonnen. Razer treibt es aktuell wohl am „buntesten“! Tastaturen MÜSSEN in allen Farben leuchten, denn wir haben ja von unseren Marketingprofis gelernt „Gamer sitzen in dunklen Kellern und tragen Brillen“. Die folgerichtige Entscheidung: Eingabegeräte müssen leuchten! Sonst findet sie der Gamer nicht. In Rechner müssen Fenster rein und hinter die Fenster müssen Lampen… sonst sieht der Gamer ja nix. Glühbirnen hat er nicht, dafür müsste er ja ins RL, doch davor schützen Ihn seine Sozialphobien.

 

An dieser Stelle muss ich aber Buße tun, auch ich war jung. Auch ich habe Rechner besessen, die leuchteten, hatte Lüftergitter mit Totenköpfen und die Flüssigkeit in meiner Wasserkühlung glühte unter Schwarzlicht. Doch ich bin, wie viele Gamer meiner Generation, älter geworden. Mein Geschmack hat sich entwickelt. Bei mir hängt ein Bild von Audrey Hepburn im Wohnzimmer, nicht etwa David Hasselhoff. Ok, der hing da nie… ehrlich… NIE! Glaubt mir jetzt eh keiner. Das ist aber auch nicht der Punkt.

 

Manchmal frage ich mich, bin ich der Einzige? Dann schaue ich mir an, was denn heute als „gutes“ Design gilt. Und ja, man kann von Apple denken was man möchte, in Punkto Design waren sie jedoch immer weit vorne. (Kleine Ausrutscher wie etwa die iMac Serie von 1998 lassen wir dabei mal unbeachtet.) Das Erfolgsrezept ist klar, Apple reduziert Design auf das Minimum, und erschafft durch Kleinigkeiten ein Wiedererkennungsmerkmal. Alle jubeln alle loben… und alle bauen anschließend Hardware die aussieht als hätte das Arbeitsamt der Clown aus Stephen King´s „ES“ in einer dreimonatigen Fortbildung zum Produktdesigner umgeschult.

Und an dieser Stelle sei noch einmal angemerkt, ich bin ein großer Freund von sauberen PC-Mods es gibt echte Meisterwerke. Aber das ist eine ganz andere Liga! Modding PCs sind häufig die Mona Lisa des Customisings. Das wovon wir hier reden… ist ein Aufkleber auf dem das Bild eines Aufklebers einer schlechten Mona Lisa-Kopie klebt, welches man uns aber trotzdem als große Kunst verkaufen möchte.

 

Ja, ich bin ein „Gaming-Enthusiast“. Mein Monitor ist groß, mein Rechner schnell und meine Eingabegeräte waren teuer. Aber ich habe GESCHMACK! Produktentwickler zwingen mich immer häufiger zu Kompromissen. Will ich die technisch beste Lösung, oder möchte ich ein Produkt, dass ich auch noch auf dem Tisch liegen lassen darf, wenn Besuch kommt ohne mir Fragen anhören zu müssen ob ich Vater geworden wäre und mein Sohn sein Spielzeug auf meinem Arbeitsplatz hat liegenlassen.

 

Ich nutze privat, auch zum Spielen, eine Appletastatur. Ich mag den Druckpunkt, ich mag das Design und ich mag die platzsparende Formgebung. Ein Sakrileg unter Gamern… ist mir bewusst. Aber vergleichbare Hardware in Anmutung und Qualität habe ich leider nicht gefunden. Eine Maus von Apple…. IM LEBEN NICHT. Klar die sehen toll aus… aber bieten nicht annähernd die Funktionalität, die ich zum zocken gewohnt bin. Ich spiele mit der Razer HEX. Ich mag diese Maus, durchdacht, gute Technik und meine Hand liegt gerne auf der Oberfläche… denn dann muss ich eben diese nicht sehen! WARUM zur HÖLLE gibt es die Razer HEX nur in kotzgrün oder monatsblutungsrot? Neunmalkluge weisen mich jetzt sicher auf die Special-LoL-Edition hin… Jo danke… viel Besser.

 

Ich bin ein erwachsener Mann, meine nassen Träume sind nicht geprägt von Fast&Furios-Hardware mit dickem Auspuff als Manneskraftersatz. Ich möchte schlichte, funktionale und bestmögliche Hardware. Warum gibt es keine Razer HEX aus Aluminium, warum keine Holzoberflächen? Und ja, ich bin nicht nur alt geworden… ich muss auch Mama nicht mehr fragen, ob ich mein Taschengeld dafür ausgeben darf. Ich würde auch mehr dafür zahlen, wenn ich zumindest die Wahl hätte.

Aber vielleicht… vielleicht bin ich wirklich der Einzige… dann soll es so sein. Und ich weine ein paar Tränen, die sich lethargisch und desillusioniert  über  das blassgraue Gehäuse einer alten Ultra 20 Sun-Workstation aus den 90ern ergießen.

 

Euer Erzi