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Aug 20

Die 80er

Die 80er waren toll, wir hatten den C64, die Datasette, den Rubik’s Cube (auch Zauberwürfel genannt) der uns viele Stunden unseres Lebens klaute (außer dem Australier Feliks Zemdegs, er löst den Würfel in 5.66 Sekunden), der Walkman war die Revolution in der mobilen Welt und jeder der etwas auf sich hielt, nannte wenigstens ein Jojo sein eigen. Auch wenn Tricks wie etwa der Mcbride Roller Coaster die Ausnahme waren.

Es ist schwer von den 80ern nicht begeistert zu sein, konnte man doch durch ein paar Befehlszeilen in Basic all seine Freunde beeindrucken weil sich sogenannte Sprites (in diesem Fall mehrere Linien vergleichbar mit den alten Windows Screensavern) über den Monokrom-Bildschirm bewegten. Später dann auch in Farbe! Und wie kreativ die 80er waren… fast täglich kamen neue Spielideen auf Floppydisk daher oder wurden in „Fachzeitschriften“ zum abtippen abgedruckt.

 

Was hier klingt als würde ich die 80er für eines der bewundernswerten Jahrzehnte halten, täuscht! Denn all das waren Erlebnisse MEINER Nerdwelt. Die Realität war anders, und wenn ich anders sage, meine ich schlimmer.

 

Ich habe die 80er erlebt und ich kann euch sagen sie waren… *hust* wie sag ich das wertneutral…. sie waren irgendwie Scheiße! Aber die Zeit ist ja gnädig, und Erinnerungen verblassen. So erlebte ich also die nichtssagenden 90er und mit der Jahrtausendwende war all die Neongrünen T-Shirts mit gelben Smilies vergessen. Zumindest in meinem Kopf war das so. Doch in einem kleinen garstigen Hirn vor nicht allzu langer Zeit keimte die misanthropische Idee auf, die 80er Jahre in den Kultstatus zu erheben und all die Fehler der Vergangenheit so zu überspitzen, bis sie wieder als retro-schick gelten.

 

Ja richtig, da traf uns die 80er-Welle wie ein Hammer in das Gemächt unseres Stilempfinden. Neue Mode braucht das Land hallten die Stimmen der jungen Nach-80er-Hipster durch das Land! (Nach-80er klingt ein wenig wie „nach-apokalyptisch… und womit? Genau, mit Recht). Die neue Generation wollte sich lösen aus dem Schubladendenken der Vorgeneration. Nicht so engstirnig denken wie Punks, Hippies, Metalfans und Gothics. Man wollte anders sein…

 

Plötzlich gab es keine Tabus mehr. Da wurden hellblaue Jogginghosen mit drei Streifen (alles andere ging ja mal gar nicht) mit braunen Kord-Jackets kombiniert, Mini-Röcke mit guatemaltekisch Ponchos und Papas Lederjacke mit Lackstiefeln. Wehe es erhebt ein visuell-geknechteter die Stimme. Welch Schubladendenken, wie spießig, wie last week. Suchen doch die Träger dieser modischen Verbrechen nur die Individualität, der Preis dafür ist nicht nur die Aufgabe des eigenen Farb- und Style-Empfindens. Erst wenn ein Retro-Smilieshirt für 60 Euro erstanden wurde, erst dann ist es doch wohl ein Original. Wäre schön wenn der arme indische Arbeiter, der den „Used-Look“ des Shirts per international geächtetem Sandstralher ohne Atemmaske erstellen musste, von diesen „Original 60 Euro“ auch etwas abbekommen würde. Aber ich schweife ab.

 

Es fasziniert mich einfach, wie man es durch geschicktes Marketing erreicht, dass alte Ideen zu Revolutionen werden und Massenware zum einzigartigen Individualismus des Nutzers beiträgt. Da muss man ja fast dankbar sein, dass sich nicht auch Staatsformen der Vergangenheit durch Propa… ehm Marketing wieder aktuell werden. Obwohl ich mir auch dafür nicht meine Hand ins Feuer legen würde. Sollte es der Wirtschaft zuträglich sein, wird ja schon heute die Sklaverei unter Deckmänteln wie dem „Niedriglohnsektor“ erneut eingeführt. Denn mal ehrlich, wenn man 400 Euro verdient, ist man selten in der Situation schlechte Arbeitsbedingungen anzuprangern um auch diesen Verdienst noch zu gefährden. Erwähnte ich, dass ich abschweife?

 

Warum ich in diesem Blogbeitrag die 80er im Visier habe? Weil das Revival auch die Spielebranche erreicht hat. Perfide versteckt hinter Begriffen wie „Reloaded“ „Reborn“ usw. Natürlich sind die meisten Spieler aber durch einen schlichten Namenszusatz nicht zum Kauf zu überreden. Da trifft es sich ja gut *zwinker*, wenn neue Endgeräte es unumgänglich machen eine Neuauflage zu produzieren. Schon lange muss man diesen Zusammenhang nicht einmal mehr verschleiern. Munter wird bestehenden für Handys, Tablet-PCs, mobile Konsolen und Browser umgesetzt und vertrieben. Da wünscht man sich den „Mut“ der jungen Generation die Cordjackets und fleischfarbene Leggins kombinieren, aber davon ist weit und breit nichts zu sehen. Denn es reicht doch wenn es neue Hardware gibt, da braucht man doch keine neuen Ideen.

 

Fröhlich setzt man Tetris um, nennt es TwinRis und freut sich über die gelungene Portiereung von der Playstation auf das iPhone. Revolu… Moment, gleich kommt´s …tionär! Die Giganten der Branche sind allerdings schon etwas weiter. Sie entwickeln ihre Spiele zeitgleich für die üblichen als auch die „neuen“ Endgeräte. Ob damit allerdings die Revolution ins Haus steht darf bezweifelt werden, gibt es doch kaum ein Spiel welches heutzutage ohne Versionsnummer auf den Markt kommt. Sei es ein Battlefield 4, ein Call of Duty BlackOps 2 und dutzende andere. An dieser Stelle ein Lob an Blizzard, genialer Trick das Spiel nicht Call of Duty 9 sonder BlackOps 2 zu nennen.

 

Sollte der Kaffee in eurem Leblings-Cafè in Zukunft mal etwas fade schmecken, wundert euch nicht wenn der Kellner antwortet:

 

„Das ist unser Montagskaffee Spezial, zweite Filterung“

 

Zumindest am Freitag Nachmittag würde ich zumindest einmal kritisch nachfragen ob es da nicht vielleicht ein Rohstoffwechsel statt eines Reboots sein dürfte…

 

Aber auch die Neuauflage bekannter Titel um Risikoinvestitionen zu umgehen ist ja kein neues Phänomen. Die Revolu…. Moment… tion! ist derzeit auf der Gamescom sichtbarer denn je. Alle großen Publisher (mit Ausnahme von Sony, aber Sony war ja immer schon recht träge) setzen auf Onlinetitel mit dem Zusatz Free2Play, gern natürlich auch in Abwandlungen wie Free4Play oder mein persönlicher Liebling „Feemium“. Verbraten werden aber natürlich auch hier altbekannte Titel.

 

Die Fangemeinde der Free2Play-Spieler wächst stetig, wie sollte es auch anders sein. Spieler wollen Abwechslung, ständig neue Spiele und nur die „Core-Community“ bleibt einem Spiel treu. Bekommt der Casualspieler dies nun auch noch kostenlos ist die Freude groß. An Ingame-Shops sind die Spieler eh schon gewöhnt. Früher nannte es sich Addon und man konnte es im Laden kaufen, dann nannte es sich DLC und wurde im Internet angeboten um Produktionskosten zu sparen. Und heute? Heute nennt man es „Metrics-based development“! Mein neues Lieblings-Buzzword.

 

„Metrics-based development“ ist also von der Spielerzahl abhängig produzierter Spielinhalt. Spielen viele Spieler das Free2Play-Spiel, ist mehr Geld da um Inhalte zu produzieren, welche dann dem Spieler kostenpflichtig angeboten werden können. Das nenne ich mal Turbokapitalismus! Nun mag man den Schreiberling bremsen und sagen welch heilsame Wirkung diese Philosophie auf den Spielemarkt haben wird da nur erfolgreiche Titel Weiterentwicklung erfahren… Aber genau da sehe ich das Problem.

 

Neulich im Metric-Based Supermarkt:

 

Ich: Tschuldige alter, wo sind denn hier die Birnen?

 

Der schnöselige, freiberuflich über einen Subunternehmer angestellte Mittzwanziger antwortet etwas maulfaul:

 

Birnen? Die hamma nüsch mehr im Programm!

 

Ich zücke mein Handy und nehme mit meiner „Metric-Based Supermarkt“-App Kontakt zur Servicehotline auf:

 

Samma hackt´s? Ick will Büüüürnen!!!

 

Die süßlich trällernde Stimme auf der anderen Seite der Leitung belehrt mich höflichst:

 

Sehr geehrter Kunde, nach Auswertung der Obstverkaufszahlen des letzten Quartals ließ sich deutlich erkennen, dass 23% aller Obstkäufer Äpfel kauften, wohingegen nur 13,74% zu Birnen griffen. Um unsere Preisgestaltung den Marktbedürfnissen anzupassen, haben wir uns entschlossen den Birnenmarkt nicht mehr zu berücksichtigen und die freiwerdenden Ressourcen für den Apfelsupport zu nutzen. So erhalten Sie Ihren ersten Apfel gratis! Wir danken für Ihre Anregung und hoffen Sie haben auch weiterhin einen angenehmen Einkauf! *klick*

 

Schöne neue Welt. Verdammt ich will Birnen! Das einzige was mir nun noch bleibt, ist zum Indi-Bauern meines Vertrauens zu gehen und zu hoffen, dass er die Marktlücke erkannt hat. Mir sind Free2eat-Äpfel nämlich ziemlich schnuppe.

 

Ich rufe auf den Untergang der Birnenkultur aufzuhalten und anzuprangern!

 

 

Free2Play bietet Chancen und birgt die Gefahr der Monokultur. Und leider zeigen uns die Entwickler immer wieder gern das sie all unsere Befürchtungen umsetzen können und wollen. Man muss es nur lang genug positiv verkaufen, dann frist der Kunde auch Äpfel!

 

In diesem Sinne… rettet die Birnen!

 

P.S.: Ich wollt eigentlich ja noch über meinen Flip-Flop-Hass philosophieren aber seit ehrlich zu Euch selbst, welcher Mann freiwillig Flip-Flops trägt, der liebt auch Bubble Tea und hat einmal im Monat unerklärliche Bauchschmerzen sowie Stimmungsschwankungen.