«

»

Jul 15

Cloud-Daten?

Wer? Tja so ziemlich alle. Niemand dachte sich Böses als Google Daten speicherte, niemand misstraute Facebook, niemand hatte Angst seine Daten auf virtuellen Laufwerken zu speichern. Und nun die große Verwunderung: „Die machen das alle gar nicht weil sie uns so lieb haben?“ Ein Aufschrei geht durch´s Neuland und niemand hat etwas gewusst.

 

 

Der BND fragte Daten beim NSA ab und niemand hat´s gewusst. Frankreich und England bespitzeln und… genau niemand hat´s gewusst. Das Kurzzeitgedächtnis deutscher Behörden reicht kaum noch vom Bürotisch bis zum Schredder. Wen wundert es da, dass alle unsere Politiker ahnungslos waren, es aber auch alles nicht so schlimm finden.

Wir haben es gewusst! Niemand kann sich davon freisprechen. Wer bei Facebook  seine Daten angibt, der weiß was er da preisgibt. Wer ein Mobiltelefon hat, weiß dass sein Standort bestimmt werden kann. Wer einen Internet-Anschluss hat, der weiß dass man nachvollziehen kann welche Seiten besucht worden sind. All das wussten wir.

Der Schock kam erst, als klar wurde was passierten kann wenn diese Daten zusammengeführt werden und in „falsche“ Hände kommen. Ob man der NSA vertraut oder nicht macht da keinen Unterschied. Denn es geht um viel Grundsätzlicheres. Es geht um die Aufrechterhaltung der Unschuldsvermutung, ein Kernpunkt der Rechtstaatlichkeit, Teil des Grundgesetzes.

Wenn Daten ohne konkreten Verdacht gespeichert werden damit man im Verdachtsfall darauf Zugriff hat, so stellt man jeden Menschen unter Generalverdacht. Was im „analogen“ Leben undenkbar ist, wird von einem Großteil der Menschen unhinterfragt anerkannt. Würden die Strafverfolgungsbehörden von allen Briefen die weltweit verschickt werden Sicherheitskopien machen, es würde wohl mehr Aufregung geben. Dabei sind die digitalen Informationen viel aussagekräftiger.

Und wo wir gerade bei der Post sind, hier darf man sogar als Privatmensch Daten einkaufen gehen. Sind sie Single? Na dann,  die deutsche Post kann helfen. Klar sie müssen sich ein wenig verstellen, geben sie sich als Unternehmen aus das eine Werbeaktion plant. Auf Knopfdruck bekommen Sie eine Liste der weiblichen Singles im Einzugsgebiet einer definierten Postleitzahl. Nur nicht zu schüchtern, filtern Sie doch gleich noch nach Einkommen, Alter und Bildungsstand.

Klingt wie eine dunkle Zukunftsversion? Leider nicht, die deutsche Post reichert ihre Datenbanken sogar noch durch die Beobachtungen ihrer Zustellbeamten an.

Und jene, die gewählt um uns zu schützen, sehen keinen Handlungsbedarf. Warum auch, wenn wir uns über die NSA aufregen, könnte ja noch jemand auf die Idee kommen wir sollten vor der eigenen Tür kehren. Da hilft es auch nicht, dass unsere Bundeskanzlerin auf das innige Verhältnis zwischen uns und den USA hinweist. Für wen das Internet Neuland ist, von dem erwarte ich zurückhaltende Skepsis wenn es um Sicherheitsbelange der eigenen Bürger geht. Dass in bayrischen Amtsstuben noch auf Schreibmaschinen getippt wird, beruhigt mich nicht. Vor DENEN sind meine Daten sicher, leider zeigt dies nur in welcher Weise der Staat mit der aktuellen Situation überfordert ist.

Als Alibi leistet man sich heutzutage einen Datenschutzbeauftragten. Er darf jederzeit Entwicklungen als „kritisch“ beurteilen. Einzig ausländische Nachrichtendienste nehmen davon Notiz, denn hier liest man seine E-Mails. Doch unsere Politiker grasen weiterhin auf den saftigen Neuland-Wiesen, gesät von Lobby und Wirtschaft. Gegen die Lobbyverbände der Wirtschaft und die angeblichen Bedürfnisse der Strafverfolgungsbehörden erscheint der Datenschutzbeauftragte wie ein Teelicht, welches wenig hilfreich erscheint wenn es darum geht Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Der Flammenwerfer der Interessenverbände ist da schon eindruckvoller.

Die russische Regierung weigert sich einen amerikanischen Informanten auszuliefern mit Hinweis auf mögliche Menschenrechtsverletzungen, und wir… tja wir sind immer noch schockiert, das Amazon wirklich und ehrlich speichert was wir bei denen gekauft haben.

Aber nicht mit uns, der Aufschrei über die Datensammler ertönt in den sozialen Netzwerken… Wir twittern über die Datensammler bei Facebook, wir veröffentlichen auf Facebook wie böse Twitter ist und nutzen unser Apple-Smartphone um uns auf Youtube über Google aufzuregen.

Aufregen ist bequem geworden wenn man dafür Daten opfert. Bequemlichkeit erkauft durch die Aufgabe eigener Freiheiten klappt recht gut wenn der Betroffene den Umfang nicht erfassen kann und die Politik den Umfang nicht erfassen wollen.

Die einzig richtige Vorgehensweise des Staates kann nur Aufklärung sein. Und damit meine ich nicht die Aufklärung der aktuellen Vorkommnisse, ich meine Aufklärung die zu Medienkompetenz führt. Nicht durch Gesetze, Beipackzettel beim Erwerb eines Modems oder steuergeldverschwendenden Plakataktionen mit durchgestylten Modepüppchen die uns mit Claims wie „Mach´s mit“ vor bösen Geheimdiensten beschützen wollen. Nein hier geht es um einen Bildungsauftrag. Den Vorsprung von Datensammlern werden die Bürger nicht mehr einholen können, aber wir haben die Möglichkeit unsere Kinder auf diese Welt vorzubereiten.

Nicht mit Lehrplänen auf denen der 63-jährige Religionslehrer auch noch zwei Unterrichtsstunden Medienkompetenz vermitteln soll, weil er doch auch ein Smartphone hat, sondern Medienkompetenz durch medienkompetente Menschen, jene die nicht durchs Lehramtsstudium auf Birkenstock umgeschult wurden. Menschen die sich tagtäglich mit dem Medium befassen und das in Zusammenarbeit mit Lehrkräften die ihre Kernkompetenz mit einbringen.

Leider kostet das Geld und dauert länger als eine Legislaturperiode. Viel schlimmer noch, womit bekämpfen wir denn Verbrechen wenn die Bürger ihre Daten für sich behalten? Etwa so wie eh und je? Vielleicht einfach mal in bayrischen Amtsstuben nachfragen, da weiß man noch wie das gemacht wird.