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Jun 29

Shopping, der (Alb)Traum eines Gamers

Gestern war Stresstest… Erst in Guild Wars 2, dann im realen Leben. 19 bis 23 Uhr. Kaffee muss her! Endlich wieder GW zocken, da muss Schlaf auch mal warten können. Aber kein Test kann so gemein und hinterhältig sein, wie das reale Leben.

 

Wie Kaffee ist aus? Samma das kann doch nicht war sein! 19:01 Uhr und Kaffee ist aus… großartig. Manchmal hat Gott einen seltsamen Humor. Sollte es ihn geben, bring ich ihm mal ein Tässchen mit nach oben nur um es dann vor seinen Augen auszutrinken.

 

Natürlich könnte ich nun berichten wie ich in Jogginghose ohne Frisur in unpassendem Schuhwerk zu einem Discounter gerannt bin dessen Name sich auf Schindel reimt, um mich mit Senioren um die letzten Kaffeepads zu kloppen sowie mir deren Lebensweisheiten anzuhören.

 

Junge, so wie du aussiehst willst du dir doch eh lieber Haschisch spritzen!“

Oma, so wie du aussiehst, bekommst du deinen Kaffee doch in der Apotheke und die Krankenkasse zahlt ihn als lebensverlängernde Maßnahme!“

 

Aber das werde ich nicht machen, denn erstens hatte meine allerliebste Freundin natürlich vorgesorgt und Kaffee gekauft, mich mit Apfel-Zimt-Walnuss-Muffins versorgt und anderen instanztauglichen Leckereinen versorgt. (Wir schreiben da mal nen Kochbuch das ist sicher ne Marktlücke). Zweitens würde ich während eines GW2-Stresstests nie auf die Idee kommen, einkaufen zu gehen.

 

Ok, Berichtigung… ich würde nie auf die Idee kommen real einkaufen zu gehen. Etwas anders könnte das allerdings bei dem geplanten Ingame-Shop sein, und das macht mir so viel Angst, dass ich darüber schreiben muss um es mir bei Zeiten wieder durchlesen zu können.

 

Vorerst erkläre ich mal meinen Sinneswandel Ingame-Shops betreffend. Klar normalerweise bin ich ein absoluter Gegner dieser dreisten und perfidesten Art der Geldschneiderei. Angefangen hat dieser tief verankerte Hass mit dem Spiel „Archlord“ (jeder auf dem menschlichen Hinterteil basierende Witz zu diesem Titel wurde schon gemacht darum spar ich mir das mal). In diesem Asia-MMO musste man den Itemshop nutzen. In diesem Kontext steht „Müssen“ jedoch nicht für: „Sonst kann man nicht spielen“ sondern für „Sonst WILL man nicht spielen!“

Ganz davon abgesehen, dass ich Archlord intensiv gespielt habe, (ich war jung und da eine Karriere als Pornostar nicht in Frage kam, hatte ich mehr Zeit als Geld), meine Rangerin habe ich immerhin auf Level 72 gespielt. Level 80 war das Maximallevel in Archlord, welches jedoch auch nach 18 Monaten noch niemand erreicht hatte. Grund hier für war, für ein Levelup konnten schon mal gerne die gesamten Ferien draufgehen und ich meine nicht etwa im Sinne von 2 Stunden am Tag mal locker Daylie-Quests machen, sondern im Sinne von 8-10 Stunden am Tag reines Verhauen immer gleicher Mobs.

 

Gut, wie auch immer! Aber eben in jenem Spiel bot der Shop XP-Tränke an. Statt 2 Wochen konnte man also ein Levelup in einer Woche schaffen und den Rest der Ferien mit Freunden am See verbringen… oder eben 2 Level aufsteigen. Gut Zeitersparnis war also etwas was man sich kaufen konnte. Noch erträglich möchte man nicht zwangsgesteuert unbedingt der erste am Maximallevel sein, auch wenn das in einem Open-PvP-Spiel natürlich schon eine ziemlich wichtige Größe darstellte.

 

Viel schlimmer aber war folgendes, man konnte die Chance das es beim Verbessern einer Waffe zu einem Fehlschlag kommt durch ein Shopitem herabsetzen. Der geneigte Leser mag sich noch kein Bild über die Tragweite machen… aber in Archlord erhöhte sich die Chance eines Fehlschlags mit jedem gefüllten Sockel einer Waffe. Hatte man also das schon fast unwirkliche Glück eine Waffe mit 4-5 Slots zu finden, musste man nun diese nur noch füllen und das war fast UNMÖGLICH. Denn mit jedem Versuch ging man das Risiko ein alle bereits verbauten Verbesserungen zu verlieren und/oder seine Waffe für immer zu zerstören.

 

Die Möglichkeit per Anhalter nach Südkorea zu fahren und dem Hamster eines Mitglieds des Entwicklerteams Gewalt anzudrohen hatte ich ins Auge gefasst, doch spätestens als ich es nach 3 Tagen von Berlin erst bis Neu Zittau geschafft hatte, wurde mir klar, meine Herbstferien würden auch dafür nicht ausreichen.

Als ich Tags darauf wieder an meinem Rechner saß, beschloss ich doch einfach das Spiel zu wechseln. Mein hart verdientes Taschengeld wollte ich lieber für Bier ausgeben als es durch einen Mausklick in das asiatische Nirwana zu jagen.

 

Es folgten Jahre der Knechtschaft, denn „EIN RING SIE ZU KNECHTEN…“ fesselte auch mich. Bis… ja bis die Umstellung von Herr der Ringe Online auf das Free2Play-Model kam. Nichts gegen Free2Play… wer es spielen will, soll es doch. Ich wollte es nicht denn ich hatte einen Lifetime-Gründer-Account. Ich zahlte also weder monatliche Gebühr noch musste ich mir irgendwelche Items kaufen… bis eben zu jener Umstellung.

Klar BRAUCHT man all die Items nicht… aber natürlich wollen die Entwickler damit Geld machen, Inhalte fokussieren unmerklich das „Brauchen“. Im Bestfall haben die Entwickler einen Weg gefunden diese Änderung schleichend zu vollziehen damit die Bestandskunden den Unterschied nicht deutlich spüren.

Was ich allerdings gespürt habe waren die „dezenten“ Hinweise, DAS ES EINEN SHOP GIBT!

In HdRo konnte man kaum noch ein Monster verhauen ohne darauf hingewiesen zu werden, dass man den ausgestopften Kopf des Monsters nun auch im Itemshop erwerben könne, es neue Reittiere gäbe und wenn man wollte, könnte man ja auch noch statt 10 Monster jagen zu müssen nur 5 jagen, kost halt nen bissel was.

Sacht ma HACKT´S?

 

Da leiste ich mir ein Lifetime-Abo weil es mich nervt, jeden Monat erinnert zu werden, dass mein Account ausläuft und Publisher Turbine kommt auf die glorreiche Idee mir nun alle 2 Sekunden mit einem Hinweisschild in die Fresse zu hauen wie ich mein Geld denn sinnlos verschwenden könnt?!

Gut, ihr merkt ich bin da also etwas vorbelastet.

Arenanet war aber schon immer etwas anders als die Anderen. Ich hab keine Ahnung wie sie das geschafft haben, entweder werden Powerpoint-verliebte Marketingoptimierer bereits vom Wachpersonal am Firmenlogo in der Lobby hingerichtet, oder die Jungs haben einfach selber so viel Spaß an ihrem Spiel, dass sie wissen wie wichtig der schmal der Grat zwischen Gewinn und Gier ist und wie unangenehm sich Zweiteres auf die Spielerfahrung auswirken kann.

 

Ein großes Gamingportal, nennen wir es mal Lamestar.de, schrieb zum Ingame-Shop von Guild Wars 2: „….eine leicht unglückliche PR-Strategie…“. – hust – ja ne is klar die Verkaufszahlen sollen ja deutlich steigen, wenn man mögliche Zusatzkosten rotblinkend auf die Internetseite schreibt.

 

Gut, etwas mehr Info hätte man ab und an schon gern gehabt, aber wer den Arenanet-Blog verfolgt, hat auch hier umfassende Informationen über Micropayment in GW2 bekommen können.

 

Die Aufregung im Netz war natürlich groß…. Itemshop in einem PvP-orientierten Spiel, wie kann man nur. Bei Shootern ist das „freischalten“ von Waffen gegen Geld zwar schon üblich, aber ich bin auch der Meinung, dass es dieser Weg eigentlich nicht sein kann. Brieftaschen sollten in keinem Computerspiel gewinnen.

 

Aber halb so wild… bleibt die spielbeeinflussende Wirkung der bereits in der Beta gezeigten Items auf eben diesem Niveau, hat Arenanet alles richtig gemacht. Viel Nettes wie etwa Kleidung, einige nützliche Items wie etwa die eigene Wiederbelebung und nur wenig essenzielles wie etwa Schlüssel für Beutetruhen, welche sich jedoch auch im Spiel finden lassen.

 

Die wirklich gute Idee war aber die Möglichkeit einzuführen, Spielgold gegen echtes Geld mit anderen Spielern tauschen zu können. So bleibt für niemanden etwas unerreichbar. Es sei denn, er spielt wenig und möchte kein Geld ausgeben… Das halte ich jedoch für gerechtfertigt.

 

Im Allgemeinen zeigt sich aber an meiner Einstellung zum Shopsystem auch das ich älter geworden bin. Nicht weil ich nun reich bin und mir gleich alles kaufen kann, sondern weil ich mich nicht mehr darüber aufregen möchte.

 

Klar früher wollte ich der beste, bestausgerüstete und höchste Spieler im MMO sein. Heute seh ich das anders. Arena wird an mir sicher einiges verdienen weil ich allen möglichen Krimskrams kaufen werde, Piratenkluft, Hüte und was es noch so alles schönes gibt um meinen „Ich hatte nie eine Barbie“-Komplex zu befriedigen.

 

XP-Steigerung hingegen werde ich wohl kaum erwerben, warum auch, ist es nicht in etwa so als würde ich die Kassiererin an der Schwimmbad-Kasse für zwei Stunden bezahlen und anschließend erneut dafür zu zahlen um nur eine Stunde schwimmen zu müssen?

 

Klar, ich kann dann damit angeben was ich für ein geiler Schwimmer bin, weil ich zwei Stunden im Schwimmbad war. Aber je älter ich werde, desto eher geh ich ins Schwimmbad um zu schwimmen.

 

Grüße

euer Erzkanzler